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Am selben Tag noch, nachdem das Bundesamt für Umwelt BAFU den Schlussbericht der Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung" am 28. November 2019 veröffentlichte, versendete die Swisscom AG in windeseile einen sogenannten "Gemeindebrief" an Behörden und Politik. Wirklich neue Erkenntnisse hätten sich nicht ergeben und der bisherige Stand der Forschung sei bestätigt worden. Allerdings nicht die ganze Forschung, sondern nur die von der Mobilfunkindustrie finanzierte.
In diesem Schreiben empfielt die Swisscom AG nämlich den zuständigen Behörden gleich selbst, wie sie 5G Basisstationen bewilligen,- und mit welchen Argumentarien sie die Bevölkerung ruhig stellen sollen. Mann möge doch bitte den Ausbau von 5G nicht verzögern, da es keine neuen Erkenntnisse zu Gesundheitsfolgen durch EMF gebe und überhaupt sei nichts neues los im Land der Strahlen, ausser, dass Swisscom in den konzessionierten Frequenzbändern einen sogenannten "optimalen Technologiemix" zur verfügung stelle. Was das sein soll, wird nicht näher erläutert. Weiter wird in diesem Propagandablättchen behauptet, 5G Antennen seien per Bagatelländerung zu bewilligen. Man könnte dies auch als "Irreführung der Verwaltungsrechtspflege" bezeichnen. Bagatellbewilligungen sind im Falle von 5G nämlich völlig unzulässig (siehe Kanton Neuenburg stoppt Bagatelländerungen).
Weiter ist im sogenannten "Gemeindebrief" zu lesen:
«die Grenzwerte einzuhalten ist nicht Kür - sondern Pflicht. Wir respektieren sie jederzeit und überall»
Die Frage ist nur, wo jederzeit und überall sein soll. Denn ohne Messmethode ist es realtiv schwierig, eine Aussage über die Einhaltung von Grenzwerten machen zu wollen.
Lobbykonzern instruiert die Behörden
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob der grösste Mobilfunkbetreiber der Schweiz Instruktionen zu hoheitlichen Aufgaben für Behörden und Politik machen soll. Denn die Swisscom AG ist kein Bundesamt mit Vorsorgepflichten, sondern ein rein gewinnorientierter Mobilfunkriese mit grösstmöglichsten Interessens-konflikten.
Die Swisscom AG gehört ja bekanntlich zu 51% dem Bund. Somit dürfte auch klar sein, dass der Bund, welcher den Schweizerischen Luftraum für 380 Millionen an die Mobilfunklobby verkauft hat, in einem ebenso grossen Interessenskonflikt gefangen ist wie die Mobilfunkbetreiber selbst.
Mangelhaftes QS-System gibt es nur für das Bundesgericht
Obwohl das Bundesgericht in einem kürzlich festgestellten Urteil daran zweifelt, dass Mobilfunkanlagen in der Schweiz korrekt auf Leistungsdaten und Grenzwerteinhaltung kontrolliert werden, sei gemäss Swisscom alles in bester Ordnung. Das Bundesgericht weist direkt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) an, die entsprechenden QS-Systeme schweizweit zu überprüfen. Im untersten Absatz schreibt die Swisscom AG mit dem Übertitel "Erfolgreich rezertifiziert":
Anfangs November 2019 erteilte die unabhängige Prüfstelle "Societe Generale de Surveillance SA (SGS), Swisscom erneut das ISO-Zertifikat 33002 für ihr Qualitätssystem im Mobilfunk. Auch die regelmässigen Überprüfungen durch die Fachbehörden der Kantone führten jeweils zu positiven Ergebnissen. Swisscom ist überzeugt, dass dies auch bei einer erneuten Überprüfung durch das BAFU der Fall sein wird."
Dass dies überhaupt nicht stimmt, weil nämlich bereits in den Jahren 2010 und 2011 keine regelmässige Überprüfung der Antennendaten stattgefunden hat und keine kantonale NIS Fachstelle nur den geringsten Zugriff auf Leistungsdaten von Antennen hatte und noch immer nicht hat, wird in diesem "Gemeindebrief" ebenfalls verschwiegen. (Siehe dazu: Gigaherz.ch / Das QS-System – Ein Lügengebilde bricht zusammen).
Und dass das QS-System bei adaptiven Antennen schon alleine wegen fehlender Messmethode und fehlenden Berechnungsgrundlagen sowie fehlenden, trotz angeblich "unabhängigem ISO-Zertifikat" ohnehin völlig versagt, verschweigt die Swisscom ebenfalls.
Leider wieder ein Zeichen mehr, dass nicht gewählte Volksverteter oder der Souverän in der Schweiz über Vorsorgeprinzipien Politik machen, sondern rein gewinnorientierte Lobby-Konzerne mit Intressenskonflikt- geschwängertem Rückenwind durch die Bundesbehörden.
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